"Es gibt kaum eine dümmere Aussage über menschliches Verhalten als die, dass
Menschen durch Kränkungen reifen und sich entwickeln. Im Gegenteil: Sie werden
auf diese Weise entmutigt und blockiert. Wir entwickeln uns durch wohlwollende
Kritik, durch Anerkennung dessen, was wir getan haben, und Hinweise darauf, was
wir noch tun könnten, um das Ergebnis zu verbessern. ...
Wer seine Bedürfnisse nach Macht und Grandiosität weder verleugnen noch um
jeden Preis durchsetzen muss, wird sich am Höhepunkt seiner Karriere nicht
überschätzen und an ihrem Tiefpunkt nicht verzagen. Er hat einen narzisstischen
Kern gefunden, der ihm hilft, sein Gleichgewicht zu finden und zu halten."
Wolfgang Schmidbauer, Persönlichkeit und Menschenführung. Vom Umgang mit sich
selbst und anderen, 2. Aufl., München 2009, S. 214f.
PS: Vor dem Hintergrund von Schmidbauers Buch stellt sich u. a. die Frage nach der
generellen Friedfertigkeit von Einrichtungen mit sozialer Ausprägung, wenngleich
Konfliktaustragungen auf körperlicher Ebene hier weitgehend ausscheiden.
Auch müsste thematisiert werden, inwieweit dort beschäftigte Psychotherapeut(inn)en
bei eigener stark narzisstischer Problematik überhaupt in der Lage sind, Tatsachen ihrer
Klientel zu bewerten, da Menschen mit narzisstischer Problematik tendenziell Tatsachen zum eigenen
Vorteil filtern und benutzen. Das soziale Engagement dient häufig nur zur Imagepflege und
hat mit ihrem Verhalten im unbeobachtbaren Alltag kaum etwas zu tun - d. h. es handelt sich im
Grunde um unechte Verhaltensweisen, die das Ziel der persönlichen Bereicherung auf materieller
und / oder ideeller Ebene haben können.
Vielerorts verfolgt Psychologie daher die missbräuchliche Tendenz, Ursachen auszuklammern und
bestehende Verhältnisse zu bestätigen, wobei das Fach einen großen Teil seines kritischen
und wertneutralen Potenzials scheinbar freiwillig aufgibt. Ähnliche Vorgänge sind in
erschreckendem Ausmaß im Arbeitsrecht bzw. in der Jurisprudenz zu beobachten.
Maren Rehder, 11.07.2011